
Rezension | Odinskind: Rabenklinge – Siri Pettersen
Odinskind| Rabenklinge | Band 1 | Siri Pettersen |
656 Seiten |Arctis Verlag | erschienen am 20. Juli 2018
Ebook: 15,99 €; Print: 20,00 € | Ansehen: auf Amazon, beim Verlag
Als ich Odinskind begonnen habe zu lesen, wusste ich ehrlich gesagt nicht, was ich von den ersten Seiten halten sollte. Ich wusste nicht, wohin die Reise gehen soll und hatte mit Odinskind und dem Schreibstil auch so einige Problemchen. Hat man das geschafft, erwartet einen eine epische Fantasygeschichte, die ich mit gesellschaftlicher Kritik beschreiben würde.
Hirka ist in Ymsland aufgewachsen. Mit fünfzehn findet sie heraus, dass sie ein Odinskind ist – ein schwanzloses Wesen aus einer anderen Welt. Von nun an ändert sich alles: Sie weiß weder, wer sie ist, noch, wohin sie gehört. Sie weiß nur, dass ihr Leben auf dem Spiel steht. Aber das ist nur der Anfang, denn Hirka ist nicht die einzige Fremde, die es durch die Steintore nach Ym verschlagen hat …
Quelle: Arctis Verlag
Wisst ihr, ich lese viele Fantasygeschichten, die behauten, etwas besonderes zu sein. Welche Geschichte wäre das nicht gern? Als ich den Klappentext gelesen habe, konnte ich mir, ehrlich gesagt, nicht viel darunter vorstellen. Ich hatte keine Idee, wohin diese Reise führen sollte und genau das machte es so spannend. Eine Geschichte, deren Inhalt mich vielleicht sogar überraschen konnte?
Die norwegische Autorin Siri Pettersen beschreibt eine Welt, voller Abendeuter, Aberglauben und Gefahren, die es wirklich in sich haben. Wer eine seichte Jugendbuch Geschichte erwartet, wird hier nicht fündig werden. Mitten in die Handlung geworfen, lernt der Leser direkt zu Beginn Hirka, die Protagonistin kennen, die im Ymsland groß geworden ist. Sie unterscheidet sich von den Bewohnern, den Ymlingen, die einen Schwanz am Rücken haben, wo Hirka nur Narben davongetragen hat. Verloren haben soll sie diesen durch einen Wolf. Ein Fluch, weil sie gerade deshalb oft als anders betrachtet wird. Nicht selten wird sie durch Gleichaltrige gehänselt.
Auf der anderen Seite gibt es weitere Erzählersichten wie Rime, der Sohn einer der zwölf größten Familien des Ymsland, mit der Chance das jüngste Mitglied des Rates zu werden, der das Land und seine Bewohner schützt und die Politik von heute darstellt. Doch entgegen der Erwartungen seiner Familie entscheidet er sich für ein anderes Leben. Eine fatale Folge, entdeckt er dabei doch Dinge, die das ganze Land erschüttern könnten. Gerade Rime befindet sich oftmals aufgrund seiner Stellung in, nennen wir es, moralisch fraglichen Situationen, die er dennoch wirklich gekonnt löst und mich wirklich zum Nachdenken gebracht haben.
Generell enthält dieses Buch Gewalt, moralisch fragliche Geschehnisse, die in meinen Augen doch in die Zeit hineinpassen und gut gelöst werden, aber auch vor allem gesellschaftliche Kritik, die ich wirklich auf die heutige Zeit übertragen konnte. Mit viel Spannung beschreibt die Autorin hier eine umfassende Welt mit einer völlig neuen Idee der Fantasygeschichte, die mich bis zum Ende, trotz der fast 700 Seiten, fesseln konnte. Denn gerade durch die verschiedenen Sichtweisen gelingt es der Autorin Momente der Gänsehaut zu schaffen, der Sprachlosigkeit und Momente voller Emotionen. Für mich definitiv eine Geschichte, die mehr kann, als nur unterhalten. Gepaart mit der nordischen Mythologie – Hirka ist ein Wesen, vor dem sich die Ymlinge fürchten – gelingt hier die Gradwanderung zwischen Fiktion und Realität. Ein ums andere Mal fragt man sich als Leser: Wo soll diese Reise hingehen? Denn es werden so viele Ideen und Möglichkeiten geboten, so viele Fragen aufgeworfen und Begriffe genannt, dass ich absolut keine Vorstellung davon habe wie das alles in zwei weitere Folgebände passen soll und das definitiv in positiver Richtung. Ohne sich zu verheddern entwirft die Autorin ein so gewaltiges Weltbild, dass man als Leser nicht anders kann, als zu träumen, sich in den Worten und Wäldern zu verlieren und den gut gehüteten Geheimnissen dieses Landes mit Hirka und Rime nachzujagen. Denn Hirka ist anders. Hirka kann nicht umarmen, Hirka ist kein Ymling, was sie vor eine große unüberwindbare Hürde stellt. Wird Rime mit jemandem befreundet sein können, der eigentlich ein Feind darstellt, oder wird er sie verraten?
Fragen über Fragen, auf die der Leser erst mit der Zeit eine Antwort erhält.
Allerdings muss ich gestehen, dass ich mit der Schreibweise und der Art und Weise, die Welt zu sehen, zu Beginn meine kleinen Probleme hatte. Die ganze Welt ist rauer und düsterter. Der ganze Stil und die Art die Welt zu sehen ist gewaltiger, zum Teil auch umfassender, als man es aus anderen Büchern kennt, woran ich mir definitiv erst einmal gewöhnen musste. Außerdem epfand ich gerade den Anfang als eine Art Erklärung. Ich wusste nicht so recht, wohin die Reise so wirklich bei knapp 700 Seiten führen sollte, war das Weltbild zu Beginn doch extrem auf einen Radius beschränkt. Doch gerade das hat mich mit der Zeit so fasziniert. Sobald man ein Mal in die Story rein gefunden, den Stil für sich entdeckt hat, wird man in einen Sog hineingezogen, aus dem man nicht mehr so schnell raus kommt. Man will immer mehr wissen, Geheimnisse ergründen, die Protagonisten wirklich kennen lernen, denn auf der Reise durch die Seiten entdeckt man immer mehr Facetten, immer mehr Dinge, die einen faszinieren, dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte.
Es ist ein bisschen wie Herr der Ringe aus Norwegen. Die umfassende Wortgewalt und der Drang, einfach wissen zu müssen wie es weiter geht. Geheimnisse und Intrigen, die dafür sorgen, dass der Leser in Atem gehalten wird, gepaart mit der nordischen Mythologie und dem norwegischen Touch, macht diesen Band zu etwas besonderem.
Fazit: Nach anfänglichen Schwierigkeiten konnte mich Odinskind von sich überzeugen und mich einnehmen. Ich habe eine Wortgewalt und einen rauen Ton erfahren, der für mich perfekt in diese Zeit passte. Habe gesellschaftliche Kritik erlebt, die besser umgesetzt nicht hätte sein können. Habe mehr über die Dinge gelernt, von denen ich nicht wusste, dass sie mich je interessieren könnten und habe Figuren erlebt, die einen noch so vieles beibringen können.
Wer sich auf eine solche Story einlassen kann und wen der Klappentext schon irgendwie anspricht, sollte dieses Buch definitiv lesen und sich auf eine Geschichte voller Aktion, Spannung und einer rauen Welt gefasst machen.
Da ich zu Beginn so meine Problemchen mit dem Stil hatte und nicht so recht wusste, wohin diese Reise wirklich gehen soll, weil vieles irgendwie an eine Erklärung der Welt erinnerte, gebe ich dem Ganzen 4 von 5 Sternen.
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Booknerds by Kerstin
©
Fotos: Anna Hein
Sterne: Photoshop/Anna hein
Cover: Arctis Verlag
2 Kommentare
Janika
23. August 2018 at 11:42 amLiebe Anna, eine tolle und vor allem sehr anschauliche Rezension. Ich schleicht schon länger um das Buch herum, weil mich der Klappentext so neugierig gemacht hat. Ich konnte ihn aber nie so recht einordnen. Da hat mir deine Rezension sehr geholfen. Ich denke, ich werde das Buch mal auf die Liste packen und irgendwann auf jeden Fall lesen. Mir gefallen solch außergewöhnliche Geschichten sehr und ich finde es toll, dass es Autoren gibt, die sich an so besondere Settings und Geschichten wagen <3
Alles Liebe,
Janika
Aleshanee
17. Juni 2022 at 4:54 amHi Anna,
ich lese es gerade, bin knapp bei der Hälfte und ich find es echt großartig. Ganz am Anfang wusste ich auch noch nicht so recht obs mir gefällt, aber das hat sich sehr schnell gelegt. Ich mag das sehr wenn ich nicht weiß, wohin es führt und man nach und nach erst rausfindet, worum es geht. Ich finde die Erklärungen eigentlich schön in die Handlung integriert bisher und ich bin gespannt was mich noch erwartet :D
Liebste Grüße, Aleshanee