Rezension

Rezension | Digitale Drecksarbeit – Moritz Riesewieck

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Werbung | Rezensionsexemplar
Digitale Drecksarbeit | Wenn uns Facebook und Co.  von dem Bösen erlösen  | Moritz Riesewieck |
312 Seiten | dtv Verlag | erschienen am 08. September 2017
Print: 16,90€,  Ebook: 14,99 € | Ansehen? Bei Amazon, beim Verlag

Als ich begonnen habe, dieses Buch zu lesen, habe ich eine Lektüre über Facebook und Co erwartet, die trockener ist.
Was ich bekommen habe, war ein flüssig zu lesendes und gut recherchiertes Buch, das mich zum Nachdenken gebracht hat.

» Der Inhalt «

Wenn das Böse outgesourct wird

Tag für Tag wird das Netz von einer Bilderflut überrollt. Auf Facebook & Co. werden hunderttausende Fotos und Videos hochgeladen, darunter massenhaft verstörende Inhalte, bestialische Gewalt, Pornografie, Kinderpornografie. Als normaler User bekommt man kaum etwas davon zu sehen.
Das ist nicht den Algorithmen zu verdanken, sondern zahllosen Billiglöhnern vor allem auf den Philippinen, jungen Menschen, die im Auftrag der digitalen Mega-Konzerne nach geheimen Regeln das Internet durchforsten.

Die Suche nach der analogen Wahrheit hinter der digitalen Öffentlichkeit führt in einen Sumpf von Zensur und Ausbeutung. Gleichzeitig führt sie zu einem Nachdenken darüber, was Bilder für uns Menschen bedeuten und wem wir die Kontrolle über unsere Sicht auf die Welt überlassen wollen.
Quelle: dtv Verlag

» Das Fazit «
350 Millionen Fotos werden täglich auf Facebook hochgeladen, 100 Millionen Stunden an Filmaterial (Riesewieck, 2017, Seite 7).
Dinge, die für uns alltäglich erscheinen. Ein Instagrambild hier, Facebook Kommentare dort, das Katzenvideo, das die Mutti gestern abend noch geteilt hat.
Alles Dinge, die uns im Alltag begleiten greift Riesewieck mit einer einzelnen Frage an: Wer sorgt dafür, was wir sehen und was nicht?
Für mich ganz klar eines der Bücher, die anhand alltagsnaher Beispiele gut zeigen, welche Strukturen und Arbeitsweisen er genau meint.
Gelungen fand ich darüber hinaus ebenfalls, dass er immer wieder eigene Erfahrungen mit einbringt, von seiner Reise, seinen Unterhaltungen, einfach Dinge, die der ganzen Ernsthaftigkeit die Realitätsnähe zurückgeben.
Was man nicht erhält, ist ein trockenes Wissenschaftsbuch über ein Thema, das uns eigentlich alle interessieren sollte, nur bereits schon so verinnerlicht ist, dass wir es nicht hinterfragen.
Riesewieck führt hier wunderbar vor Augen, mit welchen Mitteln wir genau das sehen, was wir sehen, welche Gedanken, Techniken und Menschen dahinter stecken, welche Gedanken damit verfolgt werden. Wer oder was dafür sorgt, ist letzten Endes die Ausgangsfrage, die in meinen Augen erfolgreich beantwortet wurde.
Riesewieck thematisiert in einem interessanten und flüssigen Stil Dinge, die wir Außenstehende gar nicht mitbekommen. Gewährt Einblicke in die zum Teil ausbeuterischen Verhältnisse, in denen die outgesourcte Arbeit erledigt wird und greift dabei immer auf eigene Vergleiche und Gedanken zurück.
Hätte ich anders gehandelt? Hätte ich weggeschaut? Sind dort Fragen, die nicht nur dem Autoren in diesem Moment durch den Kopf geistern.Eine Thematik, die jeden von uns beschäftigen sollte, die jeden von uns bewegen sollte und doch nicht tut, weil wir uns daran gewöhnt haben, dass sie so ist wie sie halt ist.Mir hat dieses Buch neben den ganzen Informationen vor allem eines gegeben: Stoff zum Nachdenken. Ich sehe Facebook, Instagram und Co. jetzt mit etwas anderen Augen, hinterfrage mehr und mache mir Gedanken.
Es ist Wahnsinn, wie abhängig wir von einer einzelnen Ressource geworden sind, ohne wirklich zu wissen, wer das für uns so sauber hält. Wer uns von Infos befreit, die wir nicht “sehen sollten”, von Dingen, die uns verstören könnten.
Für mich eine ganz klare Empfehlung für all diejenigen, die sich mit einer solchen Thematik genauer beschäftigen wollen und das Interesse daran mitbringen, ansonsten, denke ich, hat man nicht viel Freude an diesem Buch.


©
Foto: Fuchsias Weltenecho
Cover: DTV
Sterne: Photoshop//Fuchsias Weltenecho

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3 Kommentare

  1. Nicci Trallafitti

    7. Oktober 2017 at 9:05 am

    Tolle Rezension!
    Das klingt echt interessant, vor allem weil die Thematik halt echt aktuell ist.

    Liebe Grüße,
    Nicci

  2. Cara Ro

    8. Oktober 2017 at 8:49 am

    Guten Morgen,

    das klingt ja echt interessant. Ich hätte das Buch wahrscheinlich nie aich nur angesehen, wenn ich ihm begegnet wäre, aber deine Rezi lässt mich überlegen, ob ich nicht doch mal einen Blick riskiere.

    Liebe Grüße
    Cara

  3. Mikka Liest

    17. Oktober 2017 at 8:07 pm

    Huhu!

    Oha, ich dachte immer, die meisten solcher Bilder würden tatsächlich vollautomatisch aussortiert… Was für ein Job, sich das Tag für Tag anschauen zu müssen. Manchmal rutscht bei Facebook ja was durch, so hat vor ein paar Jahren jemand ein Foto von der Leiche seiner Frau gepostet, die er gerade erschossen hatte. Und natürlich ist das Foto schon ohne Ende geteilt worden, bevor es gelöscht wurde.

    Wieviele solcher Bilder werden im Hintergrund gelöscht? Ich schätze mal, für jedes, das durchrutscht, zigtausend.

    Das Buch klingt sehr interessant, das kommt mal auf die Wunschliste.

    Ich habe deinen Beitrag HIER für meine Kreuzfahrt durchs Meer der Buchblogs verlinkt!

    LG,
    Mikka

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